sda ba award 2023: HSLU

Swiss Design Association prämiert jedes Jahr die besten Abschlussarbeiten, die an Schweizer Design Hochschulen im Bachelor eingereicht werden. Als Berufsverband setzen wir uns – seit über fünfzig Jahren – für eine hochstehende professionelle Ausbildung im Design ein.

Für den sda ba award 2023 der HSLU nominierten die Vertiefungen Textildesign, XS Schmuck, Objektdesign und Design Management Inernational sechs Projekte. Die Jury – mit Andréa Muller, Deborah Luder, Mirjam Rombach und Sara Sandmeier unter Leitung von Valerie Notter de Rabanal – prämierte die Arbeit aus der Vertiefung Objektdesign:


sda ba award 2023 winner

vitreous von Patricia Kindler, Objektdesign

In der Schweiz fallen jährlich ca. 10 Mio. Tonnen Bauschutt an, darunter Keramik. Patricia Kindler nimmt sich in ihrer Arbeit diesem hochwertigen und energieaufwendigen Material aus nicht erneuerbaren Ressourcen an, denn im Bauschuttgemisch wird es nicht effektiv genutzt. In einer gestalterischen Materialforschung entwickelte sie Ansätze für die Verwendung von Sanitärkeramik, also WC und Lavabos. Entstanden sind drei Verfahren und Objektkategorien, in welchen die Keramik bei 1260°C erneut gebrannt wird, wobei sie durch die Zugabe von Altglas zu einem kreislauffähigen Material verschmilzt. Die entstandenen Objekte zeigen sowohl gestalterisches als auch funktionelles Potenzial für die Wiederverwendung von Sanitärkeramik.

Die Jury lobt die durchwegs stringente Arbeit, bei welcher Patricia fundiert recherchiert und strukturiert experimentiert und mit ihren Entscheidungen den gesteckten Zielen und Kriterien treu bleibt. Dabei verliert sie die Gestaltungsperspektive nicht aus den Augen und reagiert mit Interesse und weiteren Versuchsreihen auf unerwartete Ergebnisse. Sattelfest im neu erschlossenen Gebiet, reflektiert sie die Prozesse und deren spezifischen Potenziale differenziert.

Patricias reife Herangehensweise, der umfassende Prozess in gleich mehreren Anwendungsbereichen sowie ihre klare Positionierung haben die Jury für die Vergabe des Preises an Patricia überzeugt. – Wir freuen uns, sie im Verband zu begrüssen und die Weiterentwicklung ihrer Arbeit mitzuverfolgen und wo möglich zu unterstützen.



Die weiteren nominierten Projekte sind (ohne Rangfolge):

supersonic textures von Sonja Locher, Textildesign

In ihrer installativen Arbeit erforscht Sonja Locher die Schnittstellen von Textil, Sound, Körper und Raum. Neben einem aufwändig gearbeiteten Kleidungsstück – einer bunten Jacke aus Restmaterialien wie Bast, Plastik und Stoffstreifen – gehört zu der Arbeit auch eine Art Kabine, die mit Spiegelflächen die Besuchenden dazu einlädt, sich mit der Jacke darin zu bewegen. Dabei bilden, wie der Name der Arbeit sagt, die textilen Texturen und Klänge das Hauptinteresse der Gestalterin: Mikrofone und Sensoren sind in dem Kleidungsstück wie auch in der Kabine eingebaut. Das Zusammenspiel mit dem Raum soll die Neugierde wecken, denn erst durch das haptische Untersuchen und den Einsatz des Körpers entfaltet sich die akustische Ebene.

Die Jury findet das textile Stück ästhetisch sehr gelungen und inspirierend. Sonja hat die Verarbeitungstechniken virtuos angewandt, weiterentwickelt und ein haptisch lustvolles Objekt geschaffen. Die Jury lobt auch die Authentizität, mit der sie ihr Projekt präsentiert und als Beginn einer weiteren Forschung hinterfragt. Die Jury sieht grosses Potenzial darin, die Interessensgebiete einzeln zu bearbeiten und zu vertiefen.


Print à Porter von Giulio Gallana, Textildesign

Mit Print à Porter erforscht Giulia Gallana Lösungsansätze zur Bekämpfung der Altkleiderproblematik. Seine Recherche fokussiert er auf die Rückgewinnung textiler Flächen mit dem Ziel, deren Wert durch industriell skalierbare Veredelungstechniken zu steigern. In einem ersten Schritt vereint er die Stücke collageartig, in einem zweiten Schritt bedruckt er das Patchwork mit Siebdrucktechnik, wobei die aufgedruckten Muster und Formen die heterogene Unterlage visuell vereinen. Ausserdem belichtet er gleichzeitig das Schnittmuster als Umriss.

Die Jury ist angetan von der stilsicheren Umsetzung, welche sowohl die Wertsteigerung wie auch die Autorenschaft klar zum Ausdruck bringt. Sie lobt den gestalterisch stringenten Prozess, in welchen Giulio auf Nachfrage Einblick gewährt. Die Jury empfiehlt Giulio eine Positionierung mit seiner Autorenschaft und die Zusammenarbeit mit professionellen Näher*innen oder einer passenden Marke, um auf diese Weise für das Thema zu sensibilisieren.


VNC – Visual Noise Cancelling von Nils Rolli, Objektdesign

Nils Rolli gestaltet in seiner Abschlussarbeit einen Raumteiler, der visuelle und zeitweilige Intimität im geteilten Wohnraum ermöglicht. Inspiriert durch Teleskop-Möbel ist das Objekt auf die gewünschte Wohnraumhöhe einstellbar, wird jedoch mittels zweier elastischer und verstellbarer Holzbögen zwischen Decke und Boden eingespannt. Im Fokus des reduzierten Designs steht eine transluzente textile Fläche, welche den Raum visuell beruhigen soll.

Die erfindungsreiche Lösung, bei der die Formgebung auf funktionell genialen Lösungen zur Einspannung sowie zur Höhenverstellbarkeit beruht, beeindruckt die Jury. Sie lobt auch die konsequent durchgezogene Einfachheit in Materialwahl und low-tech Herstellung und Montage, welche sowohl die Trennbarkeit der Materialien wie auch vielerorts eine regionale Herstellung ermöglicht. Die Jury ermutigt Nils, die konstruktiven Eigenschaften mit mehr Variantenreichtum in den Proportionen und Anwendungsszenarien auszuloten.


SURPRISE ME ONCE AGAIN – a collection of foamy memories von Christiane Stock, XS Schmuck

Wer kennt nicht das kurzlebige Glück, das entsteht, wenn eine Überraschung gelingt? Christiane Stock verdichtet den Überraschungseffekt in ihrer Arbeit inhaltlich und physisch. Sie arbeitet mit Schaumstoff, dessen Eigenschaften sie recherchiert und mittels Lasertechnik, Nähen und Einfärben ihre Kollektion gestaltet hat. Das Verpackungsmaterial wird zum Schmuckstück und fordert auf zur spielerischen Interaktion.

Die lustvollen Stücke erfreuen die Jury und sie lobt die gelungene spielerische und wiederholbare Interaktion – der Überraschungseffekt wurde herausgeschält und auch in der Präsentation inszeniert. Die Jury würdigt die Hartnäckigkeit, mit welcher Christiane technischen Herausforderungen begegnet ist, um den Effekt der Rückstellkraft in einer Produktfamilie mit verschiedenen Schmuckstücken und Farbvarianten umzusetzen. Die gezeigten Objekte wirken stimulierend, man hätte Lust mit noch grösseren und bunteren Teilen zu spielen. Die Jury ermuntert Christiane, die synthetische Materialität noch weiter auszuloten, den Abstraktionsgrad der Formgebung zu öffnen und mit weiteren Dimensionen und Farbverläufen das Potenzial weiter auszuloten.


The Relationship between Expectant Mothers and Supervisors in Small Organizations von Tatjana Todorovic, Design Management International

Viele Beschäftigungsverhältnisse zerbrechen an der Schwangerschaft. Mit ihrer Bachelorarbeit bietet Tatjana Todorovic den Betroffenen, werdenden Müttern und deren Arbeitgebenden in kleineren Schweizer Unternehmen, eine Hilfestellung. Im Fokus stehen Verunsicherung und Risiken, welche oft zu Konflikten und Stress führen. Dabei besteht die größte Herausforderung darin, sich darauf zu einigen, wie die Zusammenarbeit nach der Bekanntgabe der Schwangerschaft fortgesetzt werden kann. Tatiana analysiert und strukturiert den Prozess. Als Resultat präsentiert sie ein Konzept, welches eine digitale Austausch-Plattform und einen physischen Koffer beinhaltet. Die darin enthaltenen Themenkarten und Roadmaps sollen helfen, eine partnerschaftliche Kommunikation zu moderieren.

Die Jury lobt die empathische Herangehensweise, mit der sich Tatiana an diese relevante und anspruchsvolle Fragestellung wagt. Den abstrakten Inhalt vermittelt sie mittels Storytelling gut verständlich: Sie bearbeitet die unterschiedlichen Perspektiven methodisch, identifiziert die Kommunikation als Knackpunkt und legt ihre Lösungsvorschläge nachvollziehbar dar. Für die Weiterentwicklung empfiehlt die Jury eine vertiefte Zusammenarbeit mit Arbeitspsycholog*innen und mit Grafiker*innen für die Adressierung der Zielgruppe.

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vitreous von Patricia Kindler, HSLU
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supersonic textures von Sonja Locher, HSLU
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Print à Porter von Giulio Gallana, HSLU
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VNC – Visual Noise Cancelling von Nils Rolli, HSLU
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SURPRISE ME ONCE AGAIN – a collection of foamy memories von Christiane Stock, HSLU
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The Relationship between Expectant Mothers and Supervisors in Small Organizations von Tatjana Todorovic, HSLU