sda ba award 2022: HGK FHNW

Die Swiss Design Association prämiert jedes Jahr die besten Abschlussarbeiten, die an Schweizer Design Hochschulen im Bachelor eingereicht werden. Als Berufsverband setzen wir uns – seit über fünfzig Jahren – für eine hochstehende professionelle Ausbildung im Design ein.

Für den sda ba award 2022 der HGK FHNW in Basel bewertete die Jury die sechs nominierten Diplomarbeiten aus dem Studiengang Industrial Design. Die Jury – mit Mela Medina, Elias Julian Kopp, Deborah Luder und Milan Rohrer unter Leitung von Valerie Notter de Rabanal – prämierte die Arbeit aus der Vertiefung Industrial Design:

sda ba award Winner
last - Skateschuh
Stephan Herger & Eric Schneider

Höher, schneller, weiter: Das gilt auch für die neue Olympiasportart Skateboard. Um Höchstleistungen zu erbringen, braucht es den richtigen Schuh. Und hier liegt viel Verbesserungspotenzial, was Sicherheit und Verschleiss betrifft. Die Themenwahl von Stephan Herger und Eric Schneider, die beide skaten, ist naheliegend. Entsprechend beschäftigen sie sich in ihrer Arbeit in erster Linie mit der Funktionalität des Schuhaufbaus: mit Schlagdämpfung, Kraftübertragung, gutem Halt und dem Vermeiden von Druckstellen. Entwurfsbestimmend ist darüber hinaus die Langlebigkeit und die Kreislauffähigkeit des Schuhs, die sie kompromisslos anstreben und inklusive Branding und Verpackung im Modell umsetzen. Dank der Zusammenarbeit mit einer Firma, die am Projekt einen neuartigen Kunststoff testet, konnten die beiden Spritzgussteile verschiedener Dichten und Oberflächen sowie Strickelemente in Monomaterial herstellen. Alle Elemente sind am formalen 1:1 Modell sowie in verschiedenen Material- und Formmustern nachvollziehbar. Ist der Schuh ausgetragen, wird er zurückgegeben und geschreddert, damit aus dem Granulat ein neues Modell hergestellt werden kann.
Von der umfassenden Herangehensweise und der klaren Positionierung in der Rolle als Designer ist die Jury begeistert. Auch Branding, Geschäftsmodell und die Going-to-Market Strategie wurden von den beiden angedacht oder bereits umgesetzt. Die Jury gratuliert Stephan und Eric und ermuntert sie, ihre Ansätze zur Umsetzung eines eigenen Geschäftsmodells auszuarbeiten und dazu auch das Netzwerk des Verbands zu nutzen.

Weiter wurden die folgenden Arbeiten nominiert (ohne Rangfolge):

Recruiting 3.0
Dalibor Bajunovic

Unbewusste Vorurteile führen in der Personalrekrutierung oft zu Diskriminierung. Dalibor Bajunovic hat ein hochaktuelles Thema gewählt und gestaltete in seiner Bachelorarbeit ein Bewerbungsmanagement-Tool, das mittels künstlicher Intelligenz die Bewerbungsdossiers anonymisiert und es ermöglicht, dass sich die Parteien als abstrakte Avatare im digitalen Raum begegnen. Sprachassistenz und künstliche Intelligenz erleichtern das Handling der Dossiers; VR-Brille und Joystick sorgen für den barrierefreien Zugang zur virtuellen Realität. Der Entwurf ist als Zukunftsvision zu verstehen: Dalibor hat sich auf die Exploration eines möglichen Szenarios eingelassen und dieses so gestaltet, dass es für ein aktuelles Problem einen Lösungsansatz bietet.
Die bewusst zurückhaltende grafische Gestaltung der Interfaces, die reduzierte Farbpalette und die abstrakte Formensprache der Avatare und deren Umfeld wirken angenehm. Der Einsatz von Mustern und dezenter Oberflächengestaltung ist geschickt gewählt um Vorurteile zu verringern. Die Jury ermutigt Dalibor in der Suche nach seiner Rolle im Spannungsfeld zwischen Digitalem und Analogem, wo er seine Kompetenzen als Designer einbringen kann.

Vision Orion
Damian Byland

Wo sind die Sterne über dem Stadthimmel geblieben? Mit dieser Frage und stimmungsvollen Bildern steigt Damian Byland in seine Präsentation. Als Antwort auf den frappanten Anstieg der Lichtverschmutzung und deren negativen Auswirkungen hat er eine Leuchtenfamilie für den öffentlichen Raum gestaltet. Die vier entworfenen Elemente funktionieren mit modularen Erweiterungen auch als Ladestationen für die Elektromobilität, als Bewegungsmelder oder als Begrünungsfläche. Auf technischer Ebene fungiert eine in den Himmel gerichtete Kamera als verbindendes Element: Durch Sensoren auf der oberen Seite des Schirms kann die Lichtverschmutzung am Nachthimmel sowie die Beleuchtung der Umgebung gemessen werden. Die gezielte Platzierung soll zusätzliche Daten für die «Smart City» liefern.
Die Jury lobt die konsequent angewandte Formensprache sowie die überzeugenden technischen Lösungen. Damian entwickelt verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, die an mehreren Facetten der Problemstellung ansetzen und sich gut ergänzen. Die Jury ermutigt Damian die Ausarbeitung fortzuführen und für die Umsetzung mit Partnern zusammen zu spannen. Einen erfolgversprechenden Ansatz sieht sie im expliziten Andocken an die bestehende Infrastruktur.

Project Njørd
Emanuel Etter & Joël Witschi

Das teilautonome Forstfahrzeug «Njørd» soll den Jungwald bewässern und die Waldpfleger im Kampf gegen Borkenkäferbefall unterstützen. Es scannt den Wald nach befallenen Bäumen ab und markiert diese auf einer digitalen Karte. Forstarbeiter:innen fällen die betroffenen Bäume, die anschliessend autonom von «Njørd» erfasst und abtransportiert werden können. Dazu verfügt «Njørd» über vier einzeln steuerbare Raupen, die zur Schonung des Wandbodens zusätzlich um bis zu 10 Grad eingeschlagen werden können. Neben Wassertank und Greifarm können dank des modularen Ansatzes weitere Elemente transportiert werden: Drohne, Gabelstapler, Stromgenerator, Seilwinde und Drohne.
Der Fokus auf die Forstwirtschaft ist durch die Marktanalyse klar hergeleitet und die Relevanz des Themas in Anbetracht des Klimawandels unbestritten.

Piazza
Rahel Mor & Milly Stucki

Ist die Ausstattung eines Primarschulhauses geeignet für neue Unterrichts- und Lernformen? Rahel Mor und Milly Stucki entwerfen in ihrer Bachelorarbeit mit «Piazza» ein Möbelstück, das Schüler:innen unterschiedlichen Alters zur Erweiterung des Raums für kooperatives Lernen sowie als Rückzugsort dienen soll. Dabei ist ihnen die platzsparende Aufbewahrung und die Verwendung eines akustisch wirksamen Plattenmaterials aus recycliertem PET besonders wichtig.
Rahel und Milly zeigen in ihrer Präsentation einen Designprozess auf, in dem die Zielgruppe stark miteinbezogen war. «Piazza» fördert die Zusammenarbeit und das Lernerlebnis von Schüler:innen verschiedener Altersklassen und ermöglicht es, ungenutzte Flächen in Schulhäusern sinnstiftend und visuell ansprechend zu nutzen. Durch die Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma konnten Rahel und Milly 1:1 Prototypen herstellen und mit Schüler:innen vor Ort testen. Die Jury lobt diese sorgfältige Herangehensweise und sieht Potenzial in der Anwendung.

Urin*alle: All-Gender-Urinal
Leonie Roth & Luisa Tschumi

Urinale überzeugen durch ihre einfache Form, die schnelles und kontaktloses Urinieren ermöglicht – jedoch nicht für alle. Leonie Roth und Luisa Tschumi legen ihrer Bachelorarbeit die gesellschaftlich hochaktuelle Zielsetzung zugrunde, die Geschlechterungleichheit bezüglich der Zugänglichkeit von sanitären Anlagen im öffentlichen Raum zu minimieren. In ihrem Projekt fokussieren sie sich auf junge Erwachsene als Zielgruppe und das Nachtleben als Szenario: Neben Kabinen mit herkömmlichen Toiletten soll es gemäss ihrem Entwurf zusätzlich auch solche mit All-Gender-Urinalen geben; im Gegensatz zu den herkömmlichen Pissoirs ist hier jedoch die Sicherstellung der Privatsphäre durch Abschliessbarkeit notwendig.
Die im Austausch mit verschiedenen Fachpersonen definierte die Materialisierung in Keramik und die Verwendung eines Gummiabflusses für ein wasserloses und dennoch geruchsarmes Urinal überzeugen. Der Designprozess wurde von den zwei Desiger:innen sorgfältig dokumentiert, was eine solide Grundlage für die technischen Entscheidungen bietet. Die Jury lobt die realistische Positionierung des Entwurfs als Beitrag zur Entwicklung in Richtung Geschlechtergerechtigkeit.

agenda image imagecaption
Winner: last von Stephan Herger und Eric Schneider
agenda image imagecaption
Nominiert: Recruiting 3.0 von Dalibor Bajunovic
agenda image imagecaption
Nominiert: Vision Orion von Damian Byland
agenda image imagecaption
Nominiert: Project Njørd von Emanuel Etter & Joël Witschi
agenda image imagecaption
Nominiert Piazza von Rahel Mor & Milly Stucki
agenda image imagecaption
Urin*alle: All-Gender-Urinal von Leonie Roth & Luisa Tschumi