World Eco-Design Conference 2018, Guangzhou

Auf nach China! Zum zweiten Mal lud die China Industrial Design Association CIDA die SDA ein. Als Präsident vertrat Dominic Sturm unseren Verband an der World Eco-Design Conference 2018 (WEDC) in Guangzhou. Mit eingeladen waren Simon Bildstein von Nose und Christoph Rusch von Joulia als Vertreter der Projekte, die von der SDA für den TIA Eco-Design Award nominiert wurden.

Die WEDC mit knapp tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern fand 2018 zum ersten Mal statt. Die Konferenz stand ganz im Zeichen des Sino Swiss Low Carbon City Programmes (SSLCC). Guangzhou, der Austragungsort der Konferenz, ist eine der drei chinesischen Partnerstädte im SSLCC-Programm. Diese Initiative wurde bereits 2016 vom damaligen Bundespräsidenten Johann Schneider-Ammann mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping vereinbart. Neben den Kongressteilnehmern aus China nahmen hundert internationale Gäste diverser Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen wie nationalen Designverbänden, Handelskammern und Universitäten an der dreitägigen Veranstaltung teil.

WEDC
Das übegreifende Thema der Veranstaltung war «Design Ecology». Ralf Bredel, Unido-Vertreter in China, eröffnete zusammen mit dem ehemaligen Premierminister von Australien Kevin Rudd und dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Griechenland Giorgos Papandreou die Konferenz. Kevin Rudd redete frei und in flüssigem Chinesisch, was beeindruckend deutlich zeigte, dass Australien heute weniger im British Commonwealth of Nations als in Asien liegt. Giorgos Papandreou hielt eine aktuelle, sehr kritische, aber zugleich diplomatisch kluge Rede: Er appellierte an die Fachleute aus Politik und Design, Ökologie und Nutzerzentriertheit als integralen Bestandteil eines jeden Designprozesses zu verstehen. Danach sprachen chinesische Politiker, wobei sie den industriellen und bildungspolitischen Kontext von Industrialdesign in China und weniger den Einfluss von Design auf die Umwelt in den Vordergrund stellten. Wie schon im Frühjahr 2018 an der WIDC zeigte sich erneut, dass die Botschaft solcher Konferenzen ganz offensichtlich nicht nach aussen an ein globales Publikum gerichtet ist. Vielmehr geht es darum der eigenen Regierung zu zeigen, dass China auf Augenhöhe mit der westlichen Welt im Design mitspielt.

An der begleitenden und aufwändig inszenierten Musterschau zu chinesischem Design wurde dieser Anspruch unterstrichen. Ökologie und der Einfluss von Design auf die Umwelt spielten hier gar keine Rolle. Selbstbewusst wurden zeitgemäss durchgestylte Konsumgüter präsentiert. Im Bezug auf ihre formale und fertigungstechnische Qualität waren diese auf höchstem internationalem Stand, liessen aber (noch) keine eigenständige kulturelle Handschrift erkennen.

TIA Eco-Design Award
Die SDA wurde als Partnerorganisation der Chinese Industrial Designer Association CIDA angefragt, herausragende Schweizer Designprojekte im Bereich Ökologie und Nachhaltigkeit zu nominieren. Die vorgeschlagenen Projekte waren alle Nominees oder Sieger des Design Preis Schweiz. Der Hochgeschwindigkeitszug «Giruno» von Stadler Rail gestaltet von Nose Design Experience, das ökologische Wärmerückgewinnungssystem «Joulia» für Duschen und der biologisch abbaubare Biokunststoff Fluidsolids wurden denn auch mit dem TIA Eco-Design Award ausgezeichnet. Die Preise wurden von Simon Bildstein und Christoph Rusch, den Vertretern von Nose und Joulia, entgegengenommen. Stellvertretend für Fluidsolids nahm Dominic Sturm die Auszeichnung an. Der TIA Eco-Design Award mag im europäischen Kontext keine Rolle spielen. Im Rahmen der WEDC bot der Preis den Gewinnern jedoch eine repräsentive Bühne mit chinaweiter Ausstrahlung und viele interessante Gespräche und Kontaktmöglichkeiten mit chinesischen Herstellern.

Sino Swiss Low Carbon City Forum
Am Nachmittag des Hauptkongresses fand das Sino Swiss Low Carbon City Forum statt. Das SSLCC-Programm der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit des Bundes DEZA wird in China von den Schweizer Firmen Generis und LEP Consultants umgesetzt. Marco Jaggi, CEO von Generis Beijing, und Diego Salmeron, CEO von LEP, berichteten über den Stand der Projekte. Anschliessend hielt Dominic Sturm einen Vortrag über Nachhaltigkeit und Langlebigkeit durch Veränderung im Schweizer Design. Simon Bildstein von Nose führte durch das «Giruno»-Projekt. Der Hochgeschwindigkeitzug interessierte das chinesiche Publikum vor allem auf Grund des rasant wachsenden Schienennetzes. Die vielen positiven Reaktionen auf diese Einführungen ins Schweizer Design bestätigten die grosse Wertschätzung beim chinesischen und internationalen Fachpublikum für das, was unter Swiss Design verstanden wird: Schweizer Design ist in jeder Hinsicht eine weltweit bekannte und hoch geschätzte Marke. Was für uns in unserer Praxis selbstverständlich erscheint, ist jedoch für viele internationale Designerinnen und Designer neu und unerhört.

Internationaler Austausch
Ebenso aufschlussreich war der Austausch und das gegenseitige Kennenlernen. Viele Verbandskolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt nahmen am WEDC teil. Persönliche Kontakte mit den Repräsentanten des Bureau of European Design Associations BEDA, Design Austria, Design Denmark, Ornamo Design Finland und weiteren europäischen Verbänden wurden an und neben der Konferenz geknüpft und gefestigt. Dieses Jahr stehen verschiedene weitere internationale Anlässe an, darunter die «EU Industry Days – Intangible value creation through design» in Brüssel und die BEDA Generalversammlung in Helsinki.

Fazit
Auch diese Konferenz war extrem aufwändig und wurde mit einer unheimlich anmutenden Perfektion organisiert und inszeniert. Nachhaltigkeit und Ökologie scheinen wichtige Agendapunkte der chinesischen Regierung zu sein. Diese Begriffe werden aber weitgehend anders verstanden und definiert als in Europa. So wird etwa die drohnengestützte Pestitzid- und Herbizidausbringung für die lokale Landwirtschaft als Fortschritt gepriesen. Auch der generalstabsmässig durchgeführte Ausflug aller westlichen Konferenzteilnehmenden in touristische Ökovillages, die potemkinschen Dörfern gleich ursprüngliches Landleben für die chinesische Stadtbevölkerung inszenieren, lässt sich mit unserem Verständnis von Nachhaltigkeit nicht wirklich zusammenbringen. Wie dem auch sei, es ist ein Interesse an ökologische Fragestellungen zu spüren. Wie schnell und wie nachhaltig sich dieses Verständnis im chinesischen Design durchsetzen wird, ist nach diesem Kongress indes nicht abzusehen.

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World Eco-Design Conference 2018, Guangzhou
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Kevin Rudd, ehemaliger Premierminister von Australien
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Giorgos A. Papandreou, ehemaliger Ministerpräsident von Griechenland
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Paivi Tahkokallio, Präsidentin BEDA
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Dominic Sturm, Präsident SDA
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Mr. Peng Hailang-Co, Direktor des Design Institute of Grandland Group
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Simon Bildstein, Nose
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Simon Bildstein von Nose präsentiert den «Giruno»
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Preisverleihung des TIA Eco-Design Award
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WEDC-Gruppenbild mit Politikern und Funktionären
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Eco Design Ausstellung
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Dominic Sturm, Simon Bildstein und Christoph Rusch in der Ausstellung
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Eco Design Ausstellung
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Gruppenfoto internationale Gäste
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Ausflug ins «Eco Village»