sda ba award 2024: ZHdK

Swiss Design Association prämiert jedes Jahr die besten Abschlussarbeiten, die an Schweizer Design Hochschulen im Bachelor eingereicht werden. Als Berufsverband setzen wir uns – seit über fünfzig Jahren – für eine hochstehende professionelle Ausbildung im Design ein.

Für den sda ba award 2024 der ZHdK nominierten die Vertiefungen Interaction Design, Industrial Design und Trends & Identity sechs Projekte. Die Jury – mit Mirjam Rombach, Luca Pfeiffer, Sylvain Gardel und Tobias Koller unter Leitung von Valerie Notter de Rabanal – prämierte die Arbeit aus der Vertiefung Industrial Design, Trends & Identity und Interaction Design:


sda ba award 2024 winner

«Final_Backup»

Jonatan Bischof & Elias Diehl (Industrial Design)

In ihrer Bachelorarbeit setzen sich Jonatan Bischof und Elias Diehl mit dem Umgang mit Daten verstorbener Menschen auseinander. Dazu inszenieren sie einen Raum, in welchem die gesellschaftliche und ökologische Relevanz des Themas aufgezeigt wird und Besuchende mit der spekulativen Möglichkeit, ein finales Backup auf einen kleinen Chip zu bannen, konfrontiert werden. Sieben Objekte veranschaulichen verschiedene Szenarien, wie mit dem komprimierten digitalen Nachlass umgegangen werden könnte. Die Besuchenden werden aufgefordert, das für sie Passende zu wählen, eine Live-Auswertung dieser Umfrage schliesst den Rundgang ab.

Die Jury lobt die Auseinandersetzung mit dieser latent relevanten Thematik. Die Gestaltung der einzelnen Elemente ist stringent und überzeugt in ihrem Zusammenspiel, technische und sinnliche Ebenen ergänzen sich. Die ökologische, aber auch die individuelle und letztlich gesellschaftspolitische und weltumspannende Dimension wird erfassbar. Die Inszenierung löst abstrakte rechtliche Überlegungen aber auch persönliche Betroffenheit und Diskussionen aus und erreicht somit ihr Ziel vollends.

Die Jury ist sieht grosses Potenzial in einer solch geglückten Anwendung von spekulativem Design um die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung anzuregen und mit konkreten Vorstellungen zu unterstützen. Mit der Verleihung des Preises möchte sie Jonatan und Elias ermuntern, das Projekt weiter zu verfolgen und auf allen möglichen Ebenen zu adressieren – gerne mit der Unterstützung des SDA-Netzwerks.



Die weiteren nominierten Projekte sind (ohne Rangfolge):

«MOKI»

Yannick Meyer

Mobilität ist eine Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Wie können Kinder aktiv, autonom und gleichzeitig sicher im öffentlichen Verkehr ihren Platz einnehmen? Der VBZ-Tramwagon «MOKI» ist ein kinderfreundlicher und geschützter Mobilitätsraum. Mittels Design auf Augenhöhe lädt er die bisher unbeachtete Zielgruppe ein, mobil zu sein.

Yannick Meyer adressiert die Inklusion von Kindern geschickt und nimmt sich in einem partizipativen Designprozess ihren Bedürfnissen und Wünschen an. Auf der Basis von Qualitätskriterien der UNICEF schält er die gestalterischen Ansätze der Kinder heraus. In Anlehnung an das Prinzip des Lozziwurms entwirft er einen Tramwagon, welcher dynamisches Sitzen mittels einer Kombination von weichen Polstern und harten Elementen, Plattformen und Nischen, Fensterzugang und verschieden hohen Haltestangen ermöglichen soll.

Die Jury lobt die funktionierende Zusammenarbeit mit den Zürcher Verkehrsbetrieben und ist gespannt, wie die Kinder den Entwurf annehmen. Sie ermutigt Yannick, seine vielversprechende Positionierung weiter auszubauen und den Gestaltungsprozess unter Beizug weiterer Stakeholder fortzuführen. Möglicherweise könnten Elemente aus einem modularen Baukasten auch bei weiteren Fahrgästen auf Akzeptanz stossen?


«Framed»

Kevin van Aartsen

«Framed» ist ein transparenter Shopper für Papiertragetaschen und verschafft dem kurzlebigen Alltagsprodukt eine Langlebigkeit, sodass es sowohl funktional als auch als modisches Accessoire genutzt werden kann. Durch seine Transparenz können immer wieder andere Papiertragetaschen geframed und damit andere Identitäten zum Ausdruck gebracht werden.

In seiner konsumkritischen Auseinandersetzung mit Alltagsphänomenen identifiziert Kevin in einem interessanten Rechercheprozess die Tasche als identitätsstiftendes Accessoire. Geschickt spielt er mit der Transformation in einem anderen Kontext, der Kunsttechnik des Readymade: So gelangen “billige” Papiertüten ins Luxussegment mit einer ge- oder gar übersteigerten Wertschätzung. Während die Plastik-Übertasche als Rahmen sehr zurückhaltend gestaltet ist, sticht die Inszenierung umso vielseitiger und verspielter hervor: Stringent und visuell überzeugend mittels verschiedener Medien.

Die Jury anerkennt die Aufwertung als spannende und übertragbare Praxis und ist gespannt auf weitere Anwendungsfelder – insbesondere in deren Inszenierung.


«In Memoriam»

Narya Ipek

«In memoriam» sind Erinnerungsstücke an geliebte Menschen in Form von Vasen. Durch Kremationsasche, welche in die Glasur eingearbeitet wird, werden die Vasen auratisch aufgeladen. Die vertraute Handlung des Blumeneinstellens ermöglicht im Alltag Rituale des Gedenkens, die beim Abschiednehmen helfen können.

Narya Ipek sucht in ihrer Arbeit nach Ritualen für die Trauerarbeit, welche sich am heutigen Kontext orientieren. Es ist ein persönliches Bedürfnis, das jedoch viele Menschen teilen – wenn die Religion in den Hintergrund tritt, Familie und Freunde über den Erdball verteilt leben, eine Pandemie uns separiert und Aufmerksamkeit hart umkämpft ist. Sie identifiziert Blumen als ein universelles Vehikel und die Vase als Objekt, das die Ansprüche vereint.

Die Jury lobt die feinfühlige Auseinandersetzung mit der Zielgruppe und wie Narya ohne Berührungsängste Hand anlegt, um selbst Asche aus Tierknochen herzustellen und sich Keramik-Techniken anzueignen.


«On Radar. Radiotracer- Forschung auf Apple Vision Pro»

Audrey-Meret Lohmann & Lukman Ascic

«On Radar» analysiert die Forschung der medizinischen Radiochemie — die Bildgebung und Behandlung von Krebs — und übersetzt sie in eine räumliche Computing-App, die für Apple Vision Pro entwickelt wurde.

In der Arbeit von Audrey-Meret Lohmann und Lukman Ascic kann in einer immersiven Erfahrung entdeckt und erlebt werden, wie Forscher Radiotracer bauen und testen. Umgesetzt wurde das Projekt für die Apple Vision Pro, welche neuartige Nutzerinteraktionen mittels Auge und Händen ermöglicht. «On Radar» zeigt auf diese Weise die Forschung der medizinischen Radiochemie in eindrücklicher Weise auf.

Die Jury lobt das Ziel der Arbeit, die Beliebtheit von MINT-Fächern zu steigern und den praxisnahen Ansatz der Zusammenarbeit mit dem Science Pavillion der Universität Zürich und einem Forschungslabor. Der Jury gefällt auch die strukturierte Herangehensweise an ein eher kompliziertes Thema. Sie würde sich wünschen, dass für die Weiterentwicklung der Einsatz von Technologie ausgeweitet wird, um mehr Inklusivität und einen einfacheren Zugang im Museumskontext zu ermöglichen.


«Selbstbestimmt. Autonomes Abstimmen für blinde Menschen»

Lars Ziegler & Luis Praxmarer

«Selbstbestimmt» ist ein Projekt für eine verbesserte demokratische Teilhabe von Menschen mit Sehbehinderung. Lars Ziegler und Luis Praxmarer ermöglichen ihnen das selbständige Abstimmen. Das in mehreren Co-Design Workshops entwickelte Kit kombiniert eine Smartphone-Applikation mit einem haptischen Koordinatensystem und Schreibschablonen. Damit ist es möglich, Abstimmungsunterlagen autonom zu identifizieren und an der richtigen Stelle auszufüllen. Bei Blinden-Organisationen stösst die Arbeit bereits auf reges Interesse.

Die Jury lobt den starken Einbezug der blinden Menschen in den Prozess, die Herangehensweise an die Herausforderungen sowie die einfache und zielgerichtete Lösung in Form eines funktionalen Soft- und Hardware-Prototypen. Mit der erarbeiteten Lösung kann ein langjährig bestehendes, spezifisches Problem endlich konkret angegangen werden.

Der Jury gefällt auch, dass im Design-Prozess mit der “Brett-Matrix” noch ein weiteres nützliches Hilfsmittel zur Co-Creation mit Blinden entstanden ist. Die Jury hofft, dass das Abstimmungs-Kit weiterentwickelt und bald bei passenden Abstimmungen zum Einsatz kommen wird!

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«Final_Backup» von Jonatan Bischof und Elias Diehl
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«MOKI» von Yannick Meyer
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«Framed» von Kevin van Aartsen
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«In Memoriam» von Narya Ipek
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«On Radar. Radiotracer- Forschung auf Apple Vision Pro» von Audrey-Meret Lohmann & Lukman Ascic
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«Selbstbestimmt. Autonomes Abstimmen für blinde Menschen» von Lars Ziegler & Luis Praxmarer