sda ba award 2024: HSLU
Swiss Design Association prämiert jedes Jahr die besten Abschlussarbeiten, die an Schweizer Design Hochschulen im Bachelor eingereicht werden. Als Berufsverband setzen wir uns – seit über fünfzig Jahren – für eine hochstehende professionelle Ausbildung im Design ein.
Für den sda ba award 2024 der HSLU nominierten die Vertiefungen Textildesign, Design Management, Objektdesign, Digital Ideation und Spatial Design je ein Produkt. Die Jury – mit Thea Hauser, Deborah Luder, Alexa Blum und Sylvain Gardel unter Leitung von Dominic Sturm – prämierte die Arbeit aus der Vertiefung Textildesign:
sda ba award 2024 winner
«RESSOURCENMETER»
von Jana Besimo (Textildesign)
In der Textilindustrie entsteht durch die Aktualisierung von Kollektionen, durch Überproduktionen oder Fehlausfälle riesige Lagerbestände aus nicht verkauften Stoffen. Hochwertige Halbfabrikate, die nicht mehr die üblichen Vertriebswege gehen können. «Ressourcenmeter» beschäftigt sich mit der Wiederverwendung dieser Meterware und fördert einen Perspektivenwechsel: weg von der Ausschussware hin zur Ressource.
Jana Besimo wendet unterschiedlichste Verfahren an, um diese Stoffe in ihrer Struktur, Farbe oder Dessinierung zu verändern. Dabei untersucht sie Möglichkeiten und Besonderheiten, die es zu beachten gilt, wenn ein bestehendes Produkt in ein neues transformiert wird. Sie benennt gestalterische, technische oder chemische Aspekte, die zu beachten sind. Dabei entstand eine Kollektion exemplarischer Muster, deren optische und taktile Eigenschaften zudem Experimentierfreude und gestalterische Vielfalt zum Ausdruck bringt. Die Aktualität des Themas, eine fundierte Recherche und ein praxisnaher Problemlösungsansatz zeichnen die Arbeit aus. Jana entwickelt mit ihrer Kompetenz als Designerin sowohl auf konzeptioneller Ebene als auch mit gestalterischen Mitteln ein Projekt, das neue Wege weist. Um ihre Erkenntnisse weiterzugeben und den Schritt in die Praxis zu öffnen, druckt die Designerin die Ergebnisse ihrer Materialforschung direkt auf die Kollektionslaschen ihrer Musterkollektion : "Do I know you?" zeigt wichtige Erkenntnisse aus dem Transformationsprozess auf und lädt zur gemeinsamen Weiterentwicklung ein.
Die Jury sieht grosses Potential textile Schätze nicht nur in den Lagern von Schweizer Textilunternehmen zu heben. Mit «RESSOURCENMETER» leistet Jana Besimo einen wichtigen Beitrag zum Nachhaltigkeitsdiskurs, nicht nur für eine Designpraxis sondern auch für die Lehre.
Die weiteren nominierten Projekte sind (ohne Rangfolge):
«Designing Well-being for Assistant Doctors»
von Mariana Meier (Design Management)
In ihrer Bachelorarbeit untersucht Mariana Meier das Wohlbefinden der Assistenzärzte am Kantonsspital Olten und befasst sich intensiv mit dem kritischen Thema Burnout im Gesundheitswesen. Mit sorgfältig geplanten und umgesetzten Designmethoden erforscht sie, wie die Arbeitsbedingungen das Wohlbefinden der Assistenzärzte beeinflussen, und schlägt eine Palette von Gestaltungsinterventionen vor, die sich auf die Verbesserung der Work-Life-Integration, die Vereinfachung administrativer Aufgaben und die Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit konzentrieren.
Mariana zeigt in ihrer klar strukturierten Präsentation eine präzise Analyse des Systems, mit dem sie sich im Rahmen ihrer Arbeit auseinandergesetzt hat. Die Jury lobt die sorgfältig geplante Recherche, die vielfältigen angewandten Methoden und die breite Einbindung von Assistenzärzten, Krankenhauspersonal, Versicherungen und Studierenden. Die Studierende zeigt eine realistische Selbsteinschätzung in Bezug auf die Grenzen des Designmanagements und ist sich der Bedeutung spartenübergreifender Zusammenarbeit bewusst.
Die Jury erkennt das Potential, den eingeschlagenen Weg mit der Führungsebene weiter zu konkretisieren und empfiehlt Mariana, die Synthese ihrer Forschungsergebnisse zu präzisieren und die im Co-Design gestalteten Interventionen im Krankenhaus zu testen und zu evaluieren.
«Re:»
von Salomon Elsler (Objektdesign)
In der Schweiz entspricht rund 80 % des geschlagenen Laubholzes aufgrund von Frassspuren durch Schädlingsbefall nicht den Anforderungen der Möbelindustrie – Tendenz steigend. Salomon Elsler hinterfragt diesen Umgang mit Schadholz im Möbeldesign. In seiner Möbelkollektion Re: zeigt er die freigelegten Frassgänge und macht so auf die Spuren des menschengemachten Klimawandels und das Thema Ressourceneffizienz aufmerksam. Entstanden ist eine Familie von Hockern und Bänken, die exemplarisch aufzeigt, wie aus vermeintlich minderwertigem Schadholz hochwertige Möbel entstehen können.
Dieses äusserst relevante Thema wird aus persönlicher Motivation heraus überzeugend präsentiert. Die Jury lobt die tiefgehende Auseinandersetzung und die sorgfältig und durchdacht gestaltete Hockerfamilie. Sie empfiehlt, die Wahrnehmung von minderwertigem Holz bei Konsumenten und in der Industrie durch gezielte formale und kommunikative Interventionen am Möbelstück selbst zu verändern.
«Looking for Kay»
von Julia Volz (Digital Ideation)
Julia Volz thematisiert die unterschiedlichen Sehweisen von Angehörigen und Menschen mit Depressionen, versinnbildlicht durch die beiden Charaktere Kay und Gerda. Angelehnt an das Märchen «Die Schneekönigin» von H.C. Andersen, entsteht so eine kurze Virtual Reality Experience, die sich dem Thema auf poetische Weise nähert und durch emotionalisierte Gestaltung die unterschiedlichen Gefühlswelten nachvollziehbar machen möchte.
Der Jury gefällt die multiperspektivische Darstellung des Themas Depression; die Adaption des Märchens in Hinblick auf das Storytelling ist gelungen. Die vertiefte Auseinandersetzung mit den gestalterischen Möglichkeiten des 3D Programms «Quill», mit welchem von Hand direkt im virtuellen Raum illustriert und animiert wird, erscheint sinnvoll. Die Jury regt eine Weiterentwicklung und Ausformulierung des skizzierten Universums, der Charaktere und des formalen Design-System an.
«Wird die Raumakustik von den Augen gehört?»
von Julia Stöckli (Spatial Design)
Julia Stöckli gestaltet in ihrer Abschlussarbeit ein Akustikelement, welches sowohl als freistehender Raumtrenner als auch als Wand- und Deckenelement eingesetzt werden kann. Nicht nur die akustische, sondern auch die visuelle Ablenkung am Arbeitsplatz soll durch das raumbildende Element minimiert werden. Die kognitive Erholung steht dabei im Vordergrund. Strukturen aus der Natur, welche mittels Fräsungen in PET-Recycle Akustikpaneele eingefügt sind, dienen als dekoratives und funktionales Element.
Eine Akustiklösung, die das Prinzip der gerichteten Aufmerksamkeit nutzt, stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, der weiter erforscht werden sollte. Die Jury empfiehlt, die Gestaltungs-Typologie für kognitive Erholung (akustisch, formal, visuell) zu vertiefen und diese mit Erkenntnissen der Wahrnehmungspsychologie zu verknüpfen. Neben der Vertiefung formaler Aspekte, die auf Erholung abzielen, wäre es auch interessant, stimulierende Elemente zu berücksichtigen.